Datum/Zeit
Sonntag, 10. Juni 2018, 11:00 Uhr - 16:00 Uhr
Nacktwanderung in den Müggelbergen, 10. 6. 2018
Findet auch 2019 wieder statt: Nacktwanderung Müggelberge – 10. August 2019
Bericht von unserem Tourguide Marc:
Juhu,
sehr sehr cool war es am Sonntag. Wer nicht dabei war, hat was verpasst! Mit Sicherheit!
19 Leute waren wir insgesamt, ich kann es immer noch nicht so recht glauben. Der Anblick war grossartig, wie war da wie an einer Perlenschnur aufgereiht den Trail oben am Hang bei den Kanonenbergen entlang pilgerten. Eine nackte Prozession auf dem Weg ins Paradies. 🙂
Wetter war genauso grandios, wie bestellt für eine Nacktwanderung. Ah, aber ich verrate ja schon alles, also schön langsam der Reihe nach…
Sonntag, 10:30 Uhr, Rübezahl Parkplatz:
Ich bin viel zu früh, denn ich bin etwas aufgeregt. 22 Leute stehen auf meiner Liste, davon 13 mit verbindlichen und gestern nochmal persönlich bestätigten Zusagen. Alles mögliche geht mir durch den Kopf. Ist die Route, die ich mir überlegt habe, vielleicht zu kurz, oder zu lang, zu anspruchsvoll, oder zu langweilig? Keine Ahnung, wie unterschiedlich die Fähigkeiten und Vorstellungen der Teilnehmer sind. Wie schnell ist so eine Gruppe überhaupt, bin ja sonst immer alleine unterwegs? Und überhaupt, es wollen noch 2 Leute zur Badestelle nachkommen, dort müssen wir also zu einem bestimmten Zeitpunkt sein.
Fragen über Fragen. Zum Glück habe ich am Freitag nochmal eine Test-Nacktwanderung durch die Gegend gemacht, und einige Ausweichstellen, Abkürzungen und Umwege ausprobiert, und mich nochmal der richtigen Wegewahl an ein paar trickreichen Kreuzungen versichert.
Um halb elf ist natürlich noch niemand da, ich habe mir ein Schattenplatz für mein Rad in einer Ecke gesucht und mich da ausgebreitet. Ein paar Minuten später kommt ein anderer Radfahrer, und lässt sich am Laternenpfahl 20m neben mir nieder, macht aber keine Anzeichen, mich anzusprechen. Hmm, anscheinend kein Mitwanderer.
Zwanzig vor elf, es kommt jemand, jemand der mich sogar kennt, aber ich nicht, wie peinlich (ich erkenne eh nie jemanden wieder, schlechte Eigenschaft für einen Tourguide). Steht auch gar nicht auf meiner Liste, was kein Problem ist, sind wir schon mal 23 potentielle Wanderer.
Noch 2 andere Leute tröpfeln ein, einer davon steht sogar auf meiner Liste. Prima. Da fasst sich der Radfahrer nebenan ein Herz, kommt zu uns rübergeschoben, und fragt, ob wir „Die Müggelberge Wanderung“ sind. Und ob er denn sein Rad mitnehmen kann, falls ihm die Strecke zu lang wird.
Ich überlege, manche Stellen sind ganz schön steil, aber die kann man eigentlich alle umgehen. Also, klar, gerne, haben wir einen Mitradler auf der Wanderung. 🙂
Zehn vor elf, inzwischen sind wir 6 Leute, davon stehen nur 2 auf meiner Liste. Wo sind denn die ganzen Festzusager? Eine weitere Person kommt auf uns zu, guckt, macht einen eleganten Schlenker und verschwindet wieder zwischen den Autos. 😕
Während ich mich weiter unterhalte, grübelt mein Unterbewusstsein eine Minute lang über dieses merkwürdige Verhalten nach, bis es plötzlich *Klick* macht. Die stehen ja alle dahinten! In der gegenüberliegenden Ecke, da wo die Bushaltestelle ist!
Ok, flugs die alle dahinten abgeholt, und nach kurzer Zählung, wir sind 18 Leute! Wahnsinn!
Plötzlich ist ganz viel los. Ich versuche in dem allgemeinen Gewusel eine kleine Ansprache zu halten, erkläre kurz den allgemeinen Plan für den heutigen Tag, stelle den Vorstand von Adolf-Koch vor, verteile die restlichen Erdbeeren, und es geht los, noch bekleidet, über die Hauptstraße, am Spielplatz vorbei, in den dichten Wald, zum offiziellen Auskleidepunkt.
Während alle ihre (teilweise minimalistische) Bekleidung in den Rucksäcken verstauen, entdecke ich hinter der Gruppe plötzlich einen weiteren Radfahrer, der uns aus sicherer Entfernung mustert. Hmm, traut er sich nicht vorbei, oder überlegt er, wie er uns sein Missfallen ob unseres schändlichen Tuns mitteilen soll? Aber nein, er steigt ab, und flups, ist erst sein T-Shirt, und dann seine Hose im Rucksack verschwunden. Huch, das war unerwartet. Ein spontaner Nacktmitfahrradmitwanderer? Stellt sich heraus, er ist sogar schon lange im Verein, und hat sich heute nur etwas verspätet. Ausserdem muss er früher weg, daher das Rad.
Nun geht’s aber wirklich richtig los, 19 nackte Wanderer (!) mit 2 geschobenen Fahrrädern, entlang des Lehrkabinetts Teufelssee. Man erfährt hier einiges Lehrreiches über die hierige Pflanzen- und Tierwelt, es gibt eine Waldschule (die wir nicht besuchen), ein Wurzelhaus (alles was sie noch nie über Wurzeln wissen wollten), und viele Schilder und Erklärungen. Ich ermahne nochmal alle, die Schilder aufmerksam zu lesen, da es am Ende der Tour ein kleines Quiz geben wird, werde aber nicht ernst genommen. Muss wohl noch an meiner Autorität als Tourenleiter arbeiten. 🙂
Weiter geht’s hoch auf den Müggelberg. Ein Stück des Wegs ist das durchaus steil, ich habe etwas Sorge wegen der Fahrradschieber, aber beide meistern die Stelle ohne Probleme. Der Aufstieg zum eigentlichen Gipfel ist auch sehr steil, aber da wir eine grosse Schleife laufen werden, können wir die Räder unten stehen lassen. Einer bietet sich sogar an bei den Rädern zu bleiben, also entledigt sich die Hälfte der Gruppe auch gleich ihrer Rucksäcke, und geniesst das Gefühl völliger Freiheit beim schweisstreibenden Aufstieg.
Oben werden ein paar Fotos von dem großen Holzkreuz am „höchsten natürlichen Punkt Berlins, 114m ü N.N.“ gemacht, und es geht in einem grossen Schlenker zurück, wo wir unseren einsamen Aufpasser samt Gepäck wieder einsammeln. Wir folgen oben dem Gratweg entlang an der
Nach gebührlicher Pause und einem Gruppenfoto geht es an den Abstieg Richtung Badestelle. Ich biete unseren beiden Radlern die Downhillstrecke als Abkürzung an, dies wird jedoch dankend abgelehnt. 😉 Darf man eh nur Samstags dort fahren, laut Vereinsordnung. Der Abstieg ist abwechslungsreich, mal steil, mal flach,
mal breiter Wanderweg, mal schmaler Trampelpfad. Das Bild, wie wir alle hintereinander den Trampelpfad herunterkommen, ist einfach herrlich.
Die bisherigen Wege waren alle sehr abgelegen, einen einzigen Biker haben wir bisher getroffen, der sich köstlich amüsiert hat. Kurz vor der Badestelle kommen wir dann aber auf den einzigen etwas belebteren Wanderweg direkt am Wasser, das heisst wir treffen auf ein paar entgegenkommende Fahrradfahrer, Jogger und Hundespaziergänger. Mir selber fällt sowas nicht mal mehr wirklich auf, aber für einige Mitwanderer hat das, trotz der Sicherheit durch die Gruppe, doch einen beträchtlichen Unterschied gemacht, wie mir später erzählt wird.
Die FKK-Badestelle ist wieder gut bevölkert, aber im Gegensatz zu Freitag sind auch einige in Badeklamotten hier. Humpf! Freitag war mehr los, und es waren alle, aber auch wirklich alle nackt. Wie auch immer, so können wir fast einen ganzen Baum für uns als Schattenspender ergattern, und im Nu sind die Handtücher ausgebreitet, die eine Hälfte packt die Fressalien aus, und die andere Hälfte verschwindet im See. Die Reaktionen zu letzterem reichen von Brr, wie kalt bis hin zu Oh, viel zu warm. 🙂
Eine gute Stunde harren wir hier aus, und fühlen uns wie im Paradies. Der Vorstand nutzt die Chance, auf dem ganzen Gelände Flyer für unsere Sportangebote zu verteilen. Unsere beiden Nachzügler sind auch eingetroffen, beschliessen aber, dass ihnen solch eine Wanderung am heutigen Tage doch zu aktiv ist, und wollen den restlichen Tag lieber weiter hier am Strand verbringen. Auch einer unserer Radfahrer verabschiedet sich wegen seines Termins.
Wie rafft man sich auf, das Paradies zu verlassen, und sich auf eine weitere anstrengende Pilgerung zu begeben? Wie immer, man wird vertrieben. Von drüben über den Langen See grollt und donnert es nämlich plötzlich, und der gerade noch blaue Himmel zieht sich zu. Ich muss eine Entscheidung treffen, direkt zurück zum Parkplatz flüchten, oder Regen und Gewitter riskieren und die geplante lange Route durch den Wald und über die Kanonenberge nehmen? Ich entscheide mich zum Glück für letzteres, denn ein letztes Donnergrollen ertönt, und kehrt den ganzen restlichen Tag nicht wieder.
Überhaupt haben wir total Glück mit dem Wetter. Am Freitag hat die Sonne einfach nur erbarmungslos herunter geknallt. Trotz Wald voller Bäume war das echt dehydrierend. Jede sonnendurchflutete Lücke im Blätterdach bin ich umgangen. Jetzt hingegen ist leicht bewölkt, und trotzdem angenehm warm. Perfekt!
Ein längeres Stück geht es flach durch ebendiesen Wald voller Bäume, bis wir die Strasse zum Müggelturm überqueren (wo sich unser zweiter Radfahrer verabschiedet und nackt Richtung Hauptstraße davon radelt), und es ein weiteres Mal in die Berge geht, dieses mal die Kanonenberge. Die heissen so, weil sie voll Kanone sind, erkläre ich, aber der Vorstand hat sich in Wikipedia schlau gemacht, es wurden dort oben tatsächlich Artillerieübungen abgehalten, was zu dem Namen führte. Wie die Wegweiser unten ankündigten, ist oben angeblich ein „Ausblick“, aber das einzige was man sieht, ist der gegenüberliegende Müggelberg mit der Radiostation, die wir am Anfang des Tages passiert haben. Es ist faszinierend, wie weit entfernt die aussieht von hier.
Das Wetter kann sich nicht so recht entscheiden, ob es sonnen oder regnen will, aber nach gemeinschaftlicher Umfrage beschliesse ich, alle meine geplanten Verschnörkelungen in den Rückweg noch mit einzubauen. Unsere Truppe schlängelt sich also auf schmalen Pfaden nochmal hoch und runter über die diversen Hügel, durchquert zweimal todesmutig die Mückenwaldzone, bis wir schliesslich zurück sind am Teufelssee, wo wir uns dann leider wieder zivilisationsgerecht bekleiden müssen.
Und trocken geblieben sind wir auch, erst am Parkplatz fängt es an zu regnen, trotzdem gibt es noch grosse Abschiedsrunde, inklusive Applaus fur den Guide (vielen lieben Dank euch allen!), die Strecke hat gefallen (nur zu kurz, höre ich aus einer Ecke), Wetter war grossartig, und wir sind uns alle einig, dass wir sowas nochmal wiederholen sollten.
Alle machen sich auf den Heimweg, nur die Leute, die unbedingt nachmittags noch zum Fussball wollten, haben noch Zeit auf einen Besuch im Biergarten. 😮 Als ich dann schliesslich auf meinem Fahrrad auf dem Weg nach Hause sitze, fängt es an zu schütten wie bekloppt, und hört für halbe Stunde nicht mehr auf. Ich bin komplett klatschnass, aber es ist so warm und ich bin so aufgeheizt, dass es einfach nur toll erfrischend ist. Ich möchte jauchzen und johlen, und nicht nur mir geht es so, auch ein Inlineskater nutzt eine Rotphase, um rückwärts mit ausgestreckten Armen jubelnd die Hauptstrasse in die falsche Richtung hinunter zu slalomen… 😮
Ja, meine Güte, was für ein toller Tag! 19 Leute, wer hätte das gedacht. Ich hätte mich schon über fünf gefreut. Der Anblick unserer nicht enden wollenden Gruppe wirkte manchmal schon etwas surreal, wie wir da so den Wald entlang kamen. Für die meisten war wohl auch so eine Wanderung eine ganz neue, erstmalige Erfahrung. Vielleicht will ja noch mal jemand hier schreiben, wie er/sie sich so gefühlt hat, würde mich sehr interessieren.
So, genug geredet, ich muss schlafen. Bis zur nächsten Wanderung! Vielleicht kann man ja mal eine im Elbsandsteingebirge organisieren? Ich werde am Freitag wieder da sein, dieses mal mit einem textilen Mitwanderer, und ich überlege, ob ich trotzdem nackt wandern sollte, oder ob das seltsam aussieht, was meint ihr… ?!?
Marc 🙂